Das Ziel unserer Sehnsucht: Zuhause!
Quelle: Google Earth
Das Ziel unserer Sehnsucht: Zuhause!
Quelle: Google Earth
Ich stellte mich in den Gang und schaute, was noch so passierte. Meine Freundin kam ebenfalls aus dem Abteil und gesellte sich zu mir. Dann hörte man lauter werdende Stimmen. „Hier ist mein Ausweis. Was wollen sie denn noch?“ „Ihre Aufenthaltsgenehmigung!“ „Die habe ich zu Hause vergessen. Ich bin Student. Hier ist mein Studentenausweis und hier mein Personalausweis!“ „Ihre Aufenthaltsgenehmigung!“ „Was soll denn das? AUA!“ Wir sahen nichts, wir hörten nur. Das Verhalten der Polizisten war uns völlig unverständlich. Dann sahen wir sie dem Zug entsteigen. Im Polizeigriff einen Mann. Mit dunkler Hautfarbe. Natürlich! Unser Freund und Helfer zeigte sich in dieser Nacht nicht nur von seiner unfreundlichen, sonder auch von seiner rassistischen Seite. Meine Freundin wollte rausspringen und die Bullen verprügeln. Guter Einfall, aber damit wäre unser Nachhausekommen garantiert auf unbestimmte Zeit behindert worden. Da kann man sich dann nur freuen, dass Schily/Noske nach dem 11. September die Polizei zu härterem Vorgehen aufgefordert hat. „Genau, macht sie alle platt, scheiß Hippies, verdammte Ausländer, alles Terroristen! Alle, alle, alle –außer mir. Außer CDU- und NPD-Wähler!“ „Herr Schily, ähem … Sie sind Mitglied der SPD.“ „Ja, und?“
Trotz unserer Aufgewühltheit („Du lenkst ihn ab, und ich zieh die Wumme aus dem Holster …“ „Nein, Iris.“), legten wir uns wieder hin.
Der Zug fuhr an und wir schliefen ein. Doch meine Befürchtung den Halt in Bielefeld zu verschlafen, ließ mich immer wieder hochschrecken. Meine Freundin schnarchte seelenruhig vor sich hin. Lange vor Bielefeld packte ich unsere Sachen. Kurz vor Gütersloh weckte ich meine Freundin. Dann fuhren wir in den Bielefelder Bahnhof ein. Mir war zumute, als müsste eine Kapelle auf dem Bahnsteig spielen, weil wir es endlich geschafft hatten. Zu Hause. Der Zug hielt. Die Türen öffneten sich und wir stiegen aus. Da standen wir nun. Kein Empfangskomitee war gekommen, keine Kapelle, keine jubelnde Menge. Wir gingen zum Taxistand und ließen uns nach Hause chauffieren. Als wir dann,völlig übermüdet, stinkend und erschöpft die Taschen in den Flur stellten und uns auf das Sofa fallen ließen, stellte sich endlich das Gefühl ein, zu Hause zu sein. Ich ging ein paarmal in der Wohnung hin und her, um auch wirklich sicher zu gehen, dass wir zu Hause sind. Tiefe innere Zufriedenheit. Wir gingen ins Bett und schliefen durch bis Sonntag Nachmittag halb drei. War das klasse!
Am nächsten Tag tropfte ein wenig Wermut in unser Gemüt: Wir mussten eine neue Scheibe besorgen und wo wir schon dabei waren, gleich einen neuen Auspuff – und dann wieder ab nach Frankreich!