Wir warteten in der Nachmittagshitze, dass die Stunde, die wir warten sollten, umging. Es war heiß, wir schwitzten. Langsam zersetzte sich der Schweiß und die Fliegenleichen auf Oberkörper und Shirt fingen an zu gammeln. Als wir so vor uns hinstanken fiel unser Blick auf einen großen Plakathalter mitten auf dem Parkplatz. Vor dem eigentlichen Plakat war eine große Plexiglasscheibe, die das Papier vor Wind und Wetter schützen sollte. … und wenn man nun diese Scheibe …? Wir stellten verschiedene Überlegungen an. Warten bis es Nacht wird und das Teil aus dem Halter pulen. Wenn uns jemand sieht? Ach, hier ist Nachts bestimmt nichts los. Wie sollen wir das Dingen zurechtschneiden? Und wie sollen wir das in die Fensterdichtung friemeln? Und wenn man dann doch nicht durchgucken kann? Ich war skeptisch, meine Freundin begeistert. Egal – die Stunde war um. Timur anrufen. Die Mutter war am Apparat. „Der ist eben weggefahren und kommt in einer halben Stunde wieder.“ Na toll. Wieder Ungewissheit. Wieder in den Supermarkt, noch mal die Folien angucken. „Die draußen im Plakatdingen sehen wesentlich stabiler aus.“ Meine Freundin fand die Idee wirklich gut. „Jaaaa, mal gucken, ach ich weiß nicht, lass uns erstmal auf Timur warten.“ Noch mehr Sprudel geholt, wieder an den Barkas gesetzt.

Auch diese halbe Stunde ging um. Anrufen: „Nee, das klappt nicht, unser Vater hat Morgen mehrere Auslieferungen.“ „Schade, danke, bis denn.“ „So’n Mist. Und wenn wir den Barkas irgendwo unterstellen und dann mit dem Zug zurückfahren? Hier gibt es zwar keinen Bahnhof,
aber der wird sich schon irgendwo finden.“ Wir laufen nach Clamecy rein und finden auch eine Werkstatt. Ein Schild im leeren Schaufenster:
„A Vendre“. Zu verkaufen. Die ist wohl nicht mehr so aktuell.

Dann fiel uns ein, dass wir auf der Fahrt zum Auchan, trotz beginnender Bindehautentzündung, aus unseren dicken Augen einen Renault-Händler gesehen hatten. Wir wackelten die Straße wieder zurück, gingen zum Barkas, nahmen unser Wörterbuch mit und schleppten uns mit letzter Kraft zum Händler. Wir fanden auf Anhieb den Besitzer und wollten ihn fragen. Wie erklären wir ihm unser Problem auf Französisch? Was heißt „Windschutzscheibe“ und „unterstellen“ und „ist-auch-nicht-für-lange-wir kommen-bald-zurück-es-darf-nur-nicht-soviel-kosten“? Nach mehreren Missverständnissen, pantomimischen Meisterleistungen und viel Ungläubigkeit auf Seiten des Händlers, hatten wir ihn schließlich soweit, dass er uns und unser Problem verstand. Gottseidank. Er erteilte uns unfreundlich aber bestimmt eine Absage. „Merde!!!“ Gegenüber war noch ein Händler. Opel. Das gleiche Spiel von vorn. Wieder eine Absage. Etwas freundlicher allerdings. Das Gesicht des Händlers schien ehrliches Mitleid auszudrücken.

Mit hängenden Schultern und gesenkten Hauptes krochen wir zurück zum Auchan zu unserem B 1000. Unser Zuhause schien in unendliche Ferne gerückt. Der Nervenzusammenbruch rückte gefährlich nah. Und nun? Mit schwärzesten Gedanken belastet gingen wir wieder in den Supermarkt und begutachteten nocheinmal die Folien. Die uns am durchsichtigsten erschien, kauften wir schließlich. Dazu noch Klebeband und noch ein bisschen Schmier für den Auspuff. Sicher ist sicher.

Wieder am Barkas, entrollten wir die Folie, hielten sie dahin wo mal die Scheibe war. Ich setzte mich ins Auto und sah – nichts!

Mistmistmistmistmist! Erstmal Auspuff wieder richtig klar machen.
Das löst Aggressionen. Das losgerüttelte GunGum mit noch mehr GunGum zuschmieren und mit ganz viel Draht den Auspuff irgendwie am Unterboden vertäuen. Super Sache! Immerhin der Auspuff hält.
Was nun was nun was nun …

Unsere zweite Heimat – für einen Tag!

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