Beim nächsten Tankstopp das gleiche Spielchen. Sch***egal, Hauptsache wir kommen nach Hause. Die Funken sprühten, der Motor lief. Der Volvokombiturbofahrer, der darauf wartete, dass ich die Tanksäule räume, schaute mich mit weit aufgerissenen Augen an, als ich unter dem Wagen hervorkroch. Ist es wirklich so ungewöhnlich funkensprühend neben einer Zapfsäule zu stehen? Wir fuhren weiter. Ich schaute in den Rückspiegel, der Volvomann war noch nicht vorgefahren und starrte mit fußballgroßen Augen dem B1000 hinterher. Falls Sie das hier lesen sollten: Schönen Gruß auch, inzwischen starten wir unseren Barkas wieder von innerhalb des Wagens.
Wir fuhren und wir fuhren. Und da: Ostwesfalen-Lippe hatte uns wieder. Rheda-Wiedenbrück, Gütersloh – die Schilder schienen mir Gemälde. Ich schaute auf die Tankanzeige, da schien mir Ebbe entgegen.
Noch 30 Kilometer bis nach Hause, abwägen, abwägen. Ach das klappt schon. Lieber auf den letzten Tropfen nach Hause kommen, als vollgetankt den Motor nicht in Gang kriegen. Vor Sennestadt gab ich meiner Freundin ein Zeichen, dass wir abfahren. Ich wollte nicht ohne Sprit auf einer deutschen Autobahn liegenbleiben. In Frankreich ist das nicht so wild, da sieht man öfter Leute an der Autobahn mit Kanister trampen. Aber hier? In Bürokratie’s own Country? Lieber nicht! Also zuckelten wir in Sennestadt von der Autobahn und fuhren links die B 68 in Richtung Bielefeld. Noch 15 Kilometer bis nach Hause. Die Tankanzeige blinkte. Egal, noch acht Kilometer. Wir fahren auf den Ostwestfalendamm – Bielefelds „Stadtautobahn“ – noch fünf Kilometer. Na, wer ahnt was?
Richtig! „Pöttpöttpött“ und der Barkas rührte sich nicht mehr. Aber, kein Problem. Ich schnappte mir Kanister und Nissan, ließ meine Freundin unter steten Liebesbekundungen zurück, raste zur Tanke, war nach zehn Minuten wieder zurück. Fülle Sprit in den Tank und – na, wer ahnt was? „KLICK“ Sowas aber auch. Ich guckte unter meinen Sitz. Das Massekabel schwebte frei wie ein Vogel zwischen Batterie und Karosserie. Sowas aber auch. Zangentrick: Anlasser juckelte. Motor blieb still. Vielleicht ein bisschen Sprit in den Motor pumpen? Einmal aufs Gaspedal gedrückt. Damit die Zündkerzen nicht zu nass sind, reinigte und trocknete ich sie und stellte auch den Kontaktabstand neu ein. Wir warteten noch ein bisschen, damit sich der B1000 noch verschnaufen konnte. Wieder unter den Wagen, Zange an den Anlasser. Der juckelte, aber nix passierte. Böööööh, ging das auf den Senkel. Meine herzallerliebste Freundin war auch ein wenig vergrätzt.
Fünf Kilometer bis nach Hause. Irgendwie war es egal. Wir wähnten uns beide noch auf einem langen Weg nach Hause. Ob das hier nun Clamecy, Belgien oder sonstwo war, drauf gepfiffen. Ob da oder hier, beides war nicht zu Hause. Und nur dem galt unser Sehnen.
Mit der Kraft des einsetzenden Fatalismus (wieso hat Murphy eigentlich immer Recht?) zuckelte ich zur nächsten Telefonzelle.
ADAC angerufen. Gar nicht gemerkt, dass die deutsch sprechen, trotzdem gefreut, dass sie mich verstehen.
„In spätestens einer halben Stunde ist Hilfe da“. Ach hätte ich sie doch nicht verstanden. Wieder auf den Ostwestfalendamm.
Die Sonne wanderte vom Ortsteil Quelle Richtung Johannisberg. Die Zeit verrann. Die beste Frau der Welt und ich hielten uns tröstend in den Armen. Es wurde kühler und dunkler. Wir parkten den Nissan so, dass auf uns zurasende Autofahrer sein Warnblinken bemerken würden, denn das des Barkas war schon merklich dimmerig geworden.